Mehr Platz für Fußgänger-Perspektiven für den „Corona-Sommer"
Interview mit Mario Bloem (d-plan Stadtentwicklung) / 27.04.2020
Wie wirkt sich die Krise deiner Meinung nach auf die innere Stadt aus, welche Bereiche siehst du von den Auswirkungen am meisten betroffen?
Ich gehe davon aus, dass in der Innenstadt der Einzelhandel und die Gastronomie ökonomisch am härtesten betroffen sind. Während es beim Einzelhandel die ersten Lockerungen gibt, wird die Gastronomie wohl in den nächsten Wochen am meisten leiden. Der Einzelhandel hat zudem noch die Möglichkeit, sich über den Onlinehandel etwas abzusichern. Dagegen hat es die Gastronomie in der Innenstadt besonders schwer. Insbesondere die Mittagsgastronomie leidet meines Erachtens sehr.
Welche Maßnahmen könnten während der Corona-Krise ergriffen werden, um diesen Folgen entgegenzuwirken?
Ich glaube, dass wir uns leider daran gewöhnen müssen, social distancing in den nächsten Monaten noch weiter einzuhalten. Das heißt, wir brauchen höchstwahrscheinlich größere und mehr Flächen, um uns in der Innenstadt aufhalten zu können und social distancing umsetzen zu können. Speziell im Bereich der Gastronomie denke ich, dass im Sommer noch eine Chance besteht, einen Teil der verlorenen Umsätze aufzuholen. Dafür sind jedoch zusätzliche Flächen im Außenbereich notwendig, um genügend Platz für die Außenbestuhlung mit den geforderten Abständen zu ermöglichen.
Wie könnten zusätzliche Flächen im Sommer 2020 eventuell kurzfristig für die Gastronomie ermöglicht werden? Welche Erfahrungen, z.B. mit der temporären Autofreiheit im Rathausquartier gemachten wurden?
Ich denke, wir können die Erfahrungen, die wir im Sommer 2019 im Rathausquartier gesammelt haben, für diese Corona-Krise nutzen. Im Sommer 2019 haben wir erprobt, dass wir einen Innenstadtbereich, der stark mit Gastronomie ausgestattet ist, innerhalb von drei Stunden am Vormittag beliefern können. Danach war dieser Bereich autofrei und konnte von Fußgängern genutzt werden, die statt auf schmalen Gehwegen nun in der Mitte der Straße gehen konnten. In Corona-Zeiten könnten also breitere Abstände eingehalten werden. Zudem haben wir Flächen, auf denen zuvor Autos geparkt wurden, für die Außenbestuhlung in der Gastronomie genutzt. Diese Möglichkeiten könnte man jetzt also wieder aufgreifen, um der Gastronomie in der Hamburger Innenstadt für den Sommer 2020 noch kurzfristig wirksame Erleichterungen zu verschaffen.
Was wäre bei der Umnutzung des öffentlichen Raums, z.B. für die Gastronomie oder die Fußgänger, besonders zu beachten?
Wichtig ist auf jeden Fall, dass die Initiative für temporär autofreie Zonen immer von den Leuten getragen wird, die davon betroffen sind. Das heißt, die Quartiere, die sich kurzfristig für eine autofreie Zone im Sommer 2020 interessieren, sollten sich jetzt organisieren und sich dabei überlegen, wie groß das Gebiet sein soll, wie viele Stunden Anlieferung sie brauchen, um dann eine Online-Abstimmung zu machen, ob ausreichend Zustimmung dafür im Quartier vorhanden ist.
Wenn dies gegeben ist und die Politik die Maßnahmen befürwortet, sowie über das Corona-Hilfs-Programm finanziert, dann können wir den gleichen Prozess wie im Rathausquartier aufsetzen und uns um die notwendigen Genehmigung kümmern. Wir hatten für den Sommer 2019 auch sehr wenig Vorlaufzeit. Mit den Erfahrungen aus 2019 könnten wir es für den Sommer 2020 wohl noch schaffen, so dass die Gastronomie in der Hamburger Innenstadt eine zusätzliche Chance bekommt.
